Traumhaus
Was verdammt noch mal hat das zu bedeuten? Seit Jahren schon verfolgt es mich in meinen
Träumen und ich möchte es so gerne verstehen. Immer wieder ist er da, dieser
eine bestimmte Traum von diesem einen bestimmten Haus. So oft schon hab ich es
in meinen Träumen betreten, doch es ist mir bis heute nicht gelungen in jedes
Zimmer zu gelangen. Vor allem nicht in das eine, das mit dieser unglaublich
großen Anziehungskraft, das mich ruft, mich zu sich zieht, und dessen Tür sich
aber nicht öffnen lässt – bis heute nicht.
Ich habe keine Ahnung wie es von außen aussieht, ich war nie
davor, immer schon hinter der Türschwelle. Einen Fuß hineingesetzt und sofort
umgeben von diesem Gefühl, dass mich wie ein Magnet in Richtung Treppe lockt.
Es lässt mich schwerer atmen und bringt mein Herz freudig zum Klopfen…
Erwartungsvoll und immer in der Hoffnung, dass ich heute endlich weiterkomme,
weiter als sonst, nur einen Schritt… und im nächsten Traum einen zweiten… einen
dritten…
Eines habe ich mich in meinen Träumen allerdings nie
gefragt…
Wie mag es von außen aussehen? Welche Farbe hat es wohl?
Welche Form hat das Dach? Sind es rote Ziegel oder schwarze? Ist eigentlich
jemals Rauch aus dem Kamin gestiegen? Ich weiß es nicht. War ich eigentlich
immer alleine da? Oder hat mich jemand dort gesehen? Und wie konnte ich
überhaupt hinein gelangen? Wie sah die Tür aus?....
Eine große breite Tür, da bin ich mir sicher, aus Holz wird
sie sein,
massiv und schwer… man braucht sicher ganzen Körpereinsatz
um sie zu öffnen…Eichenholz? Mit Metallbeschlägen, an denen schon einige Sommer
und Winter ihre Spuren hinterlassen haben… Und keine Klingel, nein, eine Glocke
rechts neben der Tür, ebenso lebendig und von Erinnerungen behaftet wie der
Rest. Welche Erinnerungen? Ich weiß es nicht, es sind ja nicht meine, aber sie
sind da – ganz bestimmt – man spürt sie förmlich. Sie benutzen den Wind um mich
zu berühren – mich anzutippen und zu sagen: “Sieh` doch – hier sind wir!“ Ich
stelle es mir weiß vor, schon etwas angegraut vom Regen und etwas
renovierungsbedürftig… Das Dach stelle ich mir riesengroß vor, mit schwarzen
Ziegeln und ohne Fenster, dafür mit großen alten verstaubten Balken im Inneren…
Ein schwerer großer Kamin mit einem kleinen Dach aus Metall… Ja, ich denke es
kam Rauch heraus, nicht viel… nur etwas… fast nicht zu bemerken… Andere
Personen habe ich nie gesehen, aber gespürt schon, aber mehr im unteren Bereich
des Hauses… oben war ich alleine. Alleine mit meinen Gefühlen und Gedanken. Mit
meiner Neugier und meinen Ideen, voller Erwartung auf das was kommt. Die Tür
muss aufgestanden haben…
Wie auch immer es von außen aussehen mag, im Inneren beginnt
es mit einem großen Flur und einer großen dunklen Holztreppe die seitlich nach
oben führt. Sie hat ein langes glänzendes Holzgeländer, das an manchen Stellen
schon abgegriffen ist und für viel Leben im Haus spricht… Jetzt war davon
nichts zu spüren. Es zieht mich immer gleich in Richtung Treppe, so dass ich bisher
nie die Möglichkeit hatte die unteren Zimmer zu betreten. Sie luden allerdings
auch nicht dazu ein, man konnte ihren Zugang nur im Dunkeln erahnen. Da war
nichts einladendes, nichts warmes, nichts was ich wirklich sehen wollte. Es
wirkte sogar fast bedrohlich dieses Dunkel… als wartete dort jemand auf mich,
dem ich lieber nicht begegnen wollte. Die
oberen Zimmer hingegen zogen mich magisch an. Ich weiß nicht wie viele es sein
mochten. Ich denke es sind mindestens 4 Zimmer, wenn nicht mehr… und jedes
fühlt sich anders an…Jedes hat sein eigenes Leben, seine eigene Aufgabe, seinen
eigenen „Herrn“. In dem einen ganz links hatte ich sofort das Bedürfnis mich an
Fenster zu begeben und in den Garten zu sehen… Dunkelbraune Fensterrahmen, so
dunkel wie die Tür. Obstbäume schmückten eine große Wiese… es fühlte sich
friedlich und sonnig an, freundlich und warm… Ich hatte sofort das Bedürfnis
tief Luft zu holen und mich von ihr auftanken zu lassen. Stundenlang hätte ich
es mir mit einem Kissen in der Fensterbank gemütlich machen können… Eine breite Fensterbank mit Kissen gefüllt –
jedes in einer anderen Farbe, jedes ein anderes Muster und doch passten alle so
gut zusammen dass keins hätte fehlen dürfen…Nichts und Niemand hätte mich aus
diesem Kissenmeer und vor allem nicht aus der Ruhe bringen können…
In einem anderen
Zimmer war ich beeindruckt von der Höhe der Decke, es inspirierte mich und
entlockte meinem Kopf tausend Ideen wie es sich wohl einrichten ließe… es gab
so unendlich viele Möglichkeiten… Ich musste an Wohnungen aus Lieblingsfilmen
denken, in denen ich immer so gerne wohnen wollte, und an Bilder aus
Zeitschriften die ich immer neidisch betrachtet habe…
Noch ein Zimmer
weiter war es kühl und feucht, es fühlte sich nicht nach einem Zimmer an, indem
ich mich wohlfühlen könnte, es löste ein Unbehagen in mir aus, verpasste mir
etwas Gänsehaut – ich musste immer schnell wieder hinaus…
Dann gab es 1-2 Zimmer die ich noch nie von innen sah, aber sie
machten mich auch nicht sonderlich neugierig, irgendwann würde ich sie mir
sicher ansehen… aber das hatte Zeit – ich würde wiederkommen… doch ein ganz
bestimmtes Zimmer, das vorletzte auf der rechten Seite, das ist mir bis heute
ein Geheimnis geblieben. Es zieht mich magisch an – ruft mich lautlos. In jedem Traum in dem ich wieder vor dieser
Tür lande, frage ich mich was es ist, das mich daran so fasziniert – ich kenne
es doch nicht. Und warum zieht genau dieses Zimmer meine Aufmerksamkeit auf
sich? Warum kann ich mich nicht damit zufrieden geben, dass ich ja die anderen
Zimmer kenne? Warum muss es dieses sein? Und warum lässt sich diese verdammte
Tür nicht öffnen? Ich könnte aufgeben
und mich weiter umsehen, es gab noch mehr zu entdecken… viel mehr. Aber nein,
ich wollte es wissen, wollte mich immer wieder dorthin träumen, eines Tages
musste es doch möglich sein – eines Tages würde ich einen Weg finden… ich würde
nicht aufgeben!
Vielleicht erfahre ich es nie, vielleicht träume ich ihn bei
Gelegenheit weiter – meinen Traum.
Mag sein, dass ich eines Tages ein Haus betrete und mein
„Traumhaus“ darin erkenne… oder ich erschaffe mir mein eigenes…
Vielleicht komme ich aber auch dahinter, dass all das gar
nichts mit einem Haus zu tun hat…
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